Buchtipp #3

Normalerweise organisieren wir Veranstaltungen, verleihen Bücher und sind ein Ort für Austausch und Diskussionen. Wir wollen trotz der erzwungenen Pause nicht den Kopf in den Sand stecken und euch darum in nächster Zeit mit einigen Buchvorschlägen versorgen. Aktuell ist es immerhin noch möglich (zumindest in Berlin) sich bei den liebsten Buchläden mit neuem Lesestoff zu versorgen.

Buchläden in Berlin:


David Foster Wallace – Unendlicher Spass

Dystopisch allemal, ist dieses Buch für all jene die schwarzen und politisch nicht immer korrekten Humor lieben, ein auf etwa 1500 Seiten schier unendlicher Spass.

Episodenhaft befindet sich werte Leser*in in einer zukünftigen USA die sich mit den Nordamerikanischen Ländern in einer ausgeweiteten Allianz befinden und da die Jahre nach jeweiligen Sponsoren benannt werden spielt das Ganze größtenteils im “Jahr der Inkontinenz-Unterwäsche”.

Räumlich spielt der Großteil der Handlung in Boston. Einerseits in einer Tennis-Elite-Schule wo Schüler*innen sich mit Drogen volldopen und andererseits in einer Entzugsanstalt auf der anderen Seite der Straße. An den jeweiligen Orten befinden sich zwei der Hauptcharaktere, die auf der Suche nach dem Film “Unendlicher Spass” sind, da sie diesen Film zerstören wollen. Denn wer den Film sieht will nix anderes mehr als ihn immer und immer wieder zu schauen. Menschen vergessen sogar zu essen und somit sterben sie. Das bringt auch die Terrorgruppe aus Quebéc auf den Plan. Die A.F.R., „Assassins des Fauteuils Rollents“. Diese zu exzessiver Gewalt fähigen „Rollstuhlattentäter“ wollen diesen Film auch finden, aber um diesen dann im TV-Programm abzuspielen und damit die USA endgültig auszulöschen.

Zusammenfassend will ich darauf hinweisen (Triggerwarnung), dass dem Buch auch eine Menschenverachtung mitsamt absurdester Brutalität zugrunde liegt: “Hal, der leer, aber nicht blöd ist, postuliert insgeheim, dass das, was sich als hippe zynische Tranzendenz des Gefühls ausgibt, in Wahrheit Furcht vor dem echten Menschsein ist, denn ein echter Mensch (zumindest so wie er ihn begreift) ist wahrscheinlich unvermeidlich sentimental, naiv, schmalzanfällig und ganz allgemein erbärmlich, er ist in seinem innersten Inneren lebenslänglich infantil, ein irgendwie nicht ganz richtig aussehendes Kleinkind, das sich anaklitisch über die Karte schleppt, mit großen feuchten Augen, froschweicher Haut, riesigem Schädel und schmalzigem Dummschwätz.” Es ist auch Hal, der eines Tages nach Hause kommt und einen leckeren Bratengeruch wahrnimmt, sich auf ein schönes Abendessen freut um dann aber feststellen zu müssen, dass sich sein Vater mit dem Kopf in der Mikrowelle das Leben nahm….

Letztlich ist es eine Art Annekdotensammlung, zudem bespickt mit interessanten Fremdwörtern, von denen ich zumindest vorher noch nie gehört habe -anaklitisch bspw. ist ein depressives Syndrom, das bei Säuglingen auftritt. Dennoch bleibt alles verständlich, auch wenn das Lexikon nicht zur Hand ist, aber wer neue Wörter lernen möchte, kann hier auch unendlich fündig werden.

Die Seitenanzahl lässt befürchten, dass mensch sich bemühen und dranbleiben solle, aber die episodenhafte Schreibweise macht es wirklich leichthin möglich das Buch jederzeit aus der Hand zu legen und später wieder in die Geschichte einzutauchen.

 

#VirusOfControl


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